Japan gilt allgemein als ein sehr Technik-affines und innovationsfreudiges Land, welches neue Technologien oft sehr schnell in den Alltag integriert. Trotzdem kommt ein wenig Verwunderung auf, wenn man bedenkt dass in einer japanischen Stadt kürzlich eine KI zur Wahl des Bürgermeisters antrat. Was genau ist passiert?
Die in der Präfektur Tokio gelegene Stadt Tama wählte am 15. April diesen Jahres einen neuen Bürgermeister. Auf den Wahlplakaten konnte man neben dem aktuellen Amtsinhaber Hiroyuki Abe und dem Kandidaten Takahashi Toshihito auch eine Art Roboter mit weiblichem Erscheinungsbild sehen, der einer künstlichen Intelligenz ein Gesicht gab. Auf einer offiziellen Webseite konnten sich Bürger über die nicht menschliche Kandidatin und die Kampagne informieren.
Unbestechlich und rational
Selbstverständlich stehen hinter der „AI Major“ getauften künstlichen Intelligenz echte Personen aus Fleisch und Blut. Der menschliche Kandidat, Matsuda Michihito, der bereits im Jahr 2014 erfolglos zur Wahl als Bürgermeister in Tama angetreten ist, warb in diesem Jahr damit, seine Entscheidungen im Falle eins Wahlsiegs von der künstlichen Intelligenz treffen lassen zu wollen.
Anders als Menschen würde eine KI Entscheidungen rational abwägen und in keiner Hinsicht bestechlich sein. Auch in problematischen Situationen (Interessenskonflikte / Finanzierungsfragen) könne eine KI Kompromisse finden die letztlich immer zu einem realistischen Ziel gelangen. Somit sei eine künstliche Intelligenz menschlichen Kandidaten zumindest in dieser Hinsicht weit voraus und könnte für mehr Gerechtigkeit sorgen.
Kein Wahlsieg trotz prominenter Unterstützer
Die potentielle digitale Bürgermeisterin hatte sogar prominente Unterstützer: Tetsuzo Matsumoto, Vizepräsident des in Japan allgegenwärtigen Unternehmens Softbank und Norio Murakami, bis 2010 Repräsentant von Google in Japan. Dennoch hat es nicht gereicht um den Wahlsieg zu holen, der amtierende Bürgermeister Hiroyuki Abe wurde in seine dritte Amtszeit gewählt.
Ältere Bürger haben sich offensichtlich über die Wahlplakate, insbesondere das „respektose Gesicht“ der KI beschwert. Die im Vorlauf der Wahl durchaus positive Zustimmung im Internet und die tatsächlich abgegeben Stimmen standen in großer Diskrepanz zueinander. Noch scheint die Zeit für eine regierende KI nicht reif zu sein.
Ob es in naher oder ferner Zukunft tatsächlich einmal dazu kommt, dass künstliche Intelligenz die Geschicke einer Stadt oder sogar eines ganzen Landes lenkt ist zwar abwegig, angesichts der immer schneller voranschreitenden Digitalisierung nicht ganz auszuschließen. Noch sind die Menschen derartigen Entwicklungen skeptisch eingestellt, wer weiß aber wie die nächste oder übernächste Generation auf entsprechende Wahlmöglichkeiten reagieren wird.
Anmerkung:
Mit ein wenig Recherche kann man im Internet die Designvorlagen von „AI Major“ finden, siehe hier. Auch wenn man dem japanischen nicht mächtig ist, fällt zudem auf dass die offizielle Webseite der Kampagne mehr schlecht als recht zusammengeschustert wurde. Die Frage ist, wie die Wahl wohl ausgegangen wäre wenn die Kampagne professioneller aufgezogen worden wäre.
Also im Prinzip wäre so etwas schon denkbar. Ich denke nur, dass die Menschen (leider) Kopf-technisch noch nicht so weit sind und sich gegen so etwas stemmen werden. Da herrschen zu viele schlechte Gedanken vor… Ich persönlich denke jedoch, dass eine KI und weit besser regieren könnte als die Politiker.